Novelle der Gewerbeabfallverordnung
Novelle der Gewerbeabfallverordnung verlangt mehr Getrennthaltung sowie neue Dokumentationen und Nachweise
Seit 1. August 2017 ist die Novelle der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) in Kraft. Und mit ihr neue Anforderungen im Umgang mit gewerblichen Siedlungsabfällen sowie bestimmten Bau- und Abbruchabfällen. Durch die neuen Vorgaben müssen nun mehr Abfälle getrennt werden. Neben Erzeugern und Besitzern dieser Abfälle richtet sich die Verordnung aber auch an die Betreiber von Vorbehandlungs- und Aufbereitungsanlagen. Wichtig für die Praxis werden die Ausweitung der Nachweis- und Dokumentationspflichten.
Mit der Novelle der Gewerbeabfallverordnung wird in Anlehnung an das Kreislaufwirtschaftsgesetz nun auch für den Gewerbesektor die fünfstufige Abfallhierarchie umgesetzt. Ihr oberstes Ziel ist die Vermeidung von Abfällen. Ist dies nicht möglich, greifen nacheinander die Stufen Wiederverwertung, Recycling, sonstige Verwertung (z. B. energetische Verwertung) und erst ganz zum Schluss die Beseitigung. Diese Hierarchie gilt für alle Arten von Abfällen, wurde aber bislang nicht in allen Verordnungen zur Konkretisierung der Kreislaufwirtschaft berücksichtigt. Jetzt nun also auch in der Gewerbeabfallverordnung.
Geblieben ist dagegen der Grundsatz der Getrennthaltungspflicht für gewerbliche Siedlungsabfälle und bestimmte Bau- und Abbruchabfälle. Letztgenannte sind im gewerblichen Sektor eher die Ausnahme und werden hier am Ende daher nur kurz behandelt. Eine wichtige Änderung betrifft den Bereich der gewerblichen Siedlungsabfälle. Hier sind mit der Novellierung die zu trennenden Abfallfraktionen um Holz und Textilien erweitert worden. Bisher waren lediglich Papier / Pappe / Karton (ausgenommen Hygienepapier), Glas, Kunststoffe, Metalle sowie biologisch abbaubare Abfälle getrennt zu sammeln und zu entsorgen. Ebenfalls unter die Getrennthaltungspflicht fallen jetzt Abfälle, die „nach Art, Zusammensetzung, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind“. Weitere Präzisierungen dazu gibt es aktuell nicht, werden jedoch durch den Vollzug zu erwarten sein.
Ausnahmen der Getrennthaltungspflicht
Der Gesetzgeber sieht Ausnahmen von der Getrennthaltungspflicht vor. Diese sind nur mit einer „technischen oder wirtschaftlichen Unzumutbarkeit“ zu begründen. Beispielhafte Aufzählungen für die technische Unzumutbarkeit liefert § 3 Abs. 2 GewAbfV. Hier werden explizit der fehlende Platz für das Aufstellen der Abfallbehälter sowie die fehlende Gewährleistung bei der getrennten Sammlung durch den Besitzer von öffentlich zugänglichen Anfallstellen erwähnt, die von einer Vielzahl von Benutzern befüllt werden. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann bei sehr kleinen Mengen unterstellt werden, wenn die Aufwendungen für eine getrennte Sammlung „außer Verhältnis“ zu denen für eine gemischte Sammlung mit anschließender Vorbehandlung stehen. Was als „sehr geringe Menge“ gilt, konkretisiert die Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall mit der Nennung einer Obergrenze von 50 Kilogramm Gesamtaufkommen an eigentlich getrennt zu sammelnden Abfällen pro Woche und Abfallerzeuger oder –besitzer.
Ist eine Getrennthaltung der Abfälle aus wirtschaftlichen und/oder technischen Gründen nicht umsetzbar, müssen die Gemische unverzüglich einer Vorbehandlungs-/ Aufbereitungsanlage zugeführt werden. Zu beachten ist dabei, dass der Erzeuger des Abfallgemisches verpflichtet ist, Abfälle aus der humanmedizinischen oder tierärztlichen Versorgung und Forschung aus dem Gemisch zu entfernen oder von Beginn an getrennt zu halten. Bioabfälle und Glas dürfen außerdem nur enthalten sein, wenn sie die Vorbehandlung nicht beeinträchtigen oder verhindern. Die Betreiber solcher Anlagen haben die Gemische vorrangig der ordnungsgemäßen, schadlosen sowie insbesondere der energetischen Verwertung zuzuführen. Der Gesetzgeber verpflichtet die Erzeuger und Besitzer von Abfällen jedoch, sich vor der erstmaligen Übergabe der Gemische eine schriftliche Bestätigung darüber einzuholen, dass die Anlage den technischen Mindestanforderungen entspricht und die vorgeschriebene Sortierquote von 85 Masseprozent erreicht wird. Wird ein Beförderer mit der Anlieferung der Gemische beauftragt, so ist dieser verpflichtet, diese Bestätigung einzuholen und gegenüber seinem Auftraggeber darüber Mitteilung zu machen.
Mit der Erhöhung weitestgehend sortenreiner Abfallfraktionen soll die Quote der anschließenden Wiederverwendung oder stofflichen Verwertung gesteigert werden. Abfallerzeuger bzw. ‑besitzer müssen sich daher auf umfassende Nachweis- und Dokumentationspflichten einstellen, deren Nichterfüllung mit Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro sanktioniert werden kann. Neben der Dokumentation über die korrekte Getrennthaltung müssen Ausnahmen zur getrennten Sammlung genauso belegt werden wie die erfolgte Zuführung zu einer Vorbehandlungsanlage. Diese Pflichten können von beauftragten Dienstleistern übernommen werden. Ab dem 01.01.2019 gelten zudem neue Dokumentationspflichten für die Betreiber von Vorbehandlungsanlagen: So muss sowohl das Erreichen der Sortierquote (mindestens 85 Prozent Masseprozent als Mittelwert im Kalenderjahr) als auch der Recyclingquote (mindestens 30 Masseprozent) belegt werden. Für die Dokumentation akzeptiert der Gesetzgeber verschiedene Nachweise. So werden beispielsweise Lagepläne, Lichtbilder, Liefer- und Wiegescheine oder Entsorgungsverträge akzeptiert sowie Nachweise desjenigen, der die zuzuführenden Abfälle übernimmt. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. Sie kann auch elektronisch verlangt werden.
Für alle Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle bleibt in der novellierten Fassung der Gewerbeabfallverordnung die grundsätzliche Pflicht zur Benutzung einer Restmülltonne bestehen. Nur wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass alle Abfälle einer Verwertung zugeführt wurden und keine Abfälle zur Beseitigung übrig bleiben, entfällt diese Vorgabe. Weiterhin ausgenommen von der sogenannten Pflichtrestmülltonne bleiben Gewerbetreibende wie Selbstständige, Architekten oder Rechtsanwälte. Da hier nur geringe Mengen an Gewerbeabfälle anfallen, dürfen diese weiterhin über den Hausmüll entsorgt werden.
Im Gegensatz zu den oben behandelten gewerblichen Siedlungsabfällen fallen Bau- und Abbruchabfälle in vielen Unternehmen wie schon erwähnt nur sehr selten an. Dennoch sind außerhalb des Baugewerbes bei jedem Anfall von Bau- und Abbruchabfällen gemäß Kapital 17 der Anlage zur Abfallverzeichnisordnung die neuen Vorgaben zur Getrennthaltung und Dokumentation auch hier zu berücksichtigen. Die abgestuften Regelungen zur getrennten Sammlung und Entsorgungen gelten genauso. Nur bei den Dokumentationspflichten gibt es eine Bagatellgrenze. Wird hier ein Volumen der insgesamt anfallenden Abfälle von 10 Kubikmeter nicht überschritten, entfällt diese
Pflicht. Alle anderen Vorgaben bleiben vollumfänglich bestehen.
Über den Autor:
Prof. Dr.-Ing. Klaus Fricke ist Inhaber des Lehrstuhls Abfall- und Ressourcenwirtschaft an der Technischen Universität Braunschweig und verantwortlicher Redakteur der Fachzeitschrift “Müll und Abfall”. Außerdem ist er seit vielen Jahren Vortragsredner auf internationalen Tagungen und Konferenzen.